Röpkes Werk stellt kulturell betrachtet einen konsequenten Gegenentwurf zum Werterelativismus unserer Zeit dar. Seine sowohl persönlichkeits- als auch kollektivbezogene Auffassung von Kultur erkennt die Bedeutung von Verhaltensmustern, welche auf Werten und Normen beruhen und somit Einfluss auf die zwischenmenschlichen Handlungen und gesellschaftlichen Strukturen haben
Werte, Normen und Verhaltensmuster werden durch die Gesellschaft geprägt, verinnerlicht und schaffen die Strukturen des Bewusstseins.
Die Folge ist eine relative Gleichförmigkeit der gesellschaftlichen Verhaltensmuster.
Den Kern der Kultur stellen für Röpke die geistigen Vorstellungen der Menschen dar. Es sind die überlieferten Normen und Grundsätze des menschlichen Lebens wie die Volkskultur, welche das kulturelle Erbe der Jahrtausende darstellen.
Es geht um die Einbindung des Menschen in eine geistige Tradition und in eine Art von Bildung, die diesen Namen verdient.
Die über Generationen überlieferten und geschichtlich gewachsenen Kulturvorstellungen, die ein integraler Bestandteil der Persönlichkeit sind, koordinieren und steuern das Verhalten der Gesellschaftsmitglieder.
Die Werte fungieren somit als geistige Orientierungshilfe für das menschliche Denken.
Werte, die von der Gemeinschaft geteilt werden, ermöglichen gegenseitige Abstimmung und Erwartungssicherheit des sozialen Handelns.
Sie schaffen zugleich die Grundlage von Normen des sozialen und ethischen Verhaltens.
Gehen diese Grundlagen verloren, ist der Mensch seiner Orientierungsstützen beraubt. Viele Menschen leiden heute unter dem Werteverfall und ihr Bedürfnis nach eindeutigen Werten tritt klar hervor.
Röpke: ,,Auch der entschiedene Relativist weiß im Grunde ganz gut, dass es ,richtige' und ,falsche' Beziehungen zum Eigentum gibt, zum anderen Geschlecht, zu unseren Kindern, zu Arbeit und Muße, zu Zeit und Tod, zu Jugend und Alter, zu Vergangenheit und Zukunft, zu den Freuden des Lebens, zum Heiligen und Überweltlichen, zum Schönen und Erhabenen, zum Wahren und Gerechten, zu Vernunft und Gefühl, zur Gemeinschaft, zu Krieg und Frieden. Ebenso wissen wir, dass alle diese Beziehungen ... in unserer innerlich zerfressenen Welt von heute sich in gefährlicher Unordnung befinden. Der einzelne, der in allen diesen und anderen vitalen Beziehungen den Sinn für das ,Normale' verloren hat, wird früher oder später im Sprechzimmer des Nervenarztes zu finden sein oder im Sanatorium, während eine Gesellschaft, die sich aus gar zu vielen solcher Individuen zusammensetzt, in Krieg, Revolution und Auflösung endet. Das ist die furchtbare Sühne für die Nichtachtung der anthropologischen Konstanten, die der Relativist für wissenschaftlich ungreifbar hält. Der Neurologe und Psychiater, Ethnologe oder der Soziologe wissen es besser, und wir können es nicht verantworten, das zu ignorieren, was sie wissen."
(Civitas Humana, 4. Auflage 1979, S. 159/160)
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